Kinderoptometrie
für Eltern
Die multimediale Welt geht mit wachsenden Sehanforderungen einher, an denen Kinder mittlerweile auch nicht mehr vorbeikommen. Um so wichtiger ist gutes Sehen bei Kindern, d.h. Sehbeschwerden und Sehstörungen möglichst frühzeitig zu erkennen und entsprechend entgegen zu wirken. Dabei ist viel in der Prävention möglich, dass Sehstörungen gar nicht erst entstehen. Bei Sehstörungen können verschiedene Maßnahmen zur Reduktion eingesetzt werden. Nicht alle Sehstörungen lassen sich allein durch eine Brille oder Kontaktlinsen korrigieren. Ein optometrisches Sehfunktionstraining kann z. B. bei Sehbeschwerden unterstützen oder ist manchmal auch die einzige Möglichkeit, im Besonderen bei visuellen Wahrnehmungsstörungen und Störungen des beidäugigen Sehens.
Eine umfassende altersgerechte Untersuchung des Sehens bei Kindern und die entsprechende Versorgung bei Sehstörungen, wird in der multimedialen Welt und durch steigende Lebenserwartung immer wichtiger. Außerdem ist die Untersuchung des Sehens und entsprechende Versorgung bei Kindern für eine altersgerechte Sehentwicklung von großer Bedeutung für die gesamte kindliche Entwicklung.
Doch wer macht so etwas? – Optometristen und spezialisierte Augenoptiker.
In der Augenoptik/Optometrie gibt es verschiedene Qualifikationen, Bezeichnungen und Abschlüsse. Eine Aufstellung mit kurzer Erklärung findet sich nachfolgend.
Was ist Optometrie?
Die Optometrie ist die Lehre in Theorie und Praxis der Messungen und Bewertungen von Sehfunktionen. Sie umfasst die Anatomie und Physiologie des Sehens sowie die Optik (der Augen und optischen Systeme).
Die Grundlagen auf dem Gebiet der Optometrie wurden in Deutschland maßgeblich durch Hermann Pistor (1875 – 1951) in Jena entwickelt.
Die Hochschulausbildung in der Optometrie gibt es in Deutschland seit 2005 in Bachelor- und Masterstudiengängen, z. B. an Hochschulen in Aalen, Berlin, Jena, Köln und München.
Was beinhaltet die optometrische Untersuchung?
Die optometrische Untersuchung ist eine umfassende Untersuchung des Sehsystems. Es handelt sich also nicht nur um einen Sehtest, wie scharf beide Augen einzeln sehen (Sehschärfe), sondern um die Prüfung verschiedener Sehfunktionen, z. B die Zusammenarbeit beider Augen, die Schärfeeinstellung oder das Gesichtsfeld. Damit geht es in der optometrischen Untersuchung um die Bestimmung der visuellen Leistungsfähigkeit und um das Prüfen auf Auffälligkeiten.
Wer macht was in der Augenoptik/Optometrie?
Master of Science
Hochschulstudium mit akademischem Abschluss M.Sc. in Optometrie, Vision Science oder Klinischer Optometrie
Schwerpunkte: Klinische Optometrie: Untersuchung des vorderen und hinteren Augenabschnitts, beidäugiges Sehen Kontaktlinsenanpassung, Kinderoptometrie, Interdisziplinäre Optometrie, OSFT (Vision Training/Therapy), Sportoptometrie, Versorgung bei Sehbehinderung (Low Vision)
Bachelor of Science
Hochschulstudium mit akademischem Abschluss B.Sc. in Augenoptik/Optometrie
Schwerpunkte: Optometrie: Untersuchung des vorderen und hinteren Augenabschnitts, beidäugiges Sehen, Brillen- und Kontaktlinsenanpassung, Grundlagen OSFT, Versorgung bei Sehbehinderung (Low Vision)
Optometrist
nternational die Berufsbezeichnung für einen Hochschulabschluss, in Deutschland nicht darauf begrenzt:
Akademischer Abschluss B.Sc. oder M.Sc. in Augenoptik/Optometrie oder
Augenoptikermeister/ staatl. geprüfter Augenoptiker mit Weiterbildung zum Optometrist (ZVA, HWK und FH)
Schwerpunkte: Vermessung der Sehschärfe und der Korrektion für eine Sehhilfe, Brillen- und Kontaktlinsenanpassung, Versorgung bei Sehbehinderung sowie optometrische Untersuchung zur Beurteilung von Sehfunktionen und des Gesundheitsstatus der Augen
Augenoptikermeister und staatlich geprüfter Augenoptiker
Augenoptikermeister: handwerklich orientierte Meisterausbildung in Voll- oder Teilzeit
staatlich geprüfter Augenoptiker: Meisterausbildung an einer öffentlichen Fachschule für Augenoptik mit Meisterbrief
Schwerpunkte: Vermessung der Sehschärfe und Korrektion für eine Sehhilfe, Brillen- und Kontaktlinsenanpassung, Versorgung bei Sehbehinderung (Low Vision), Bearbeitung von Brillengläsern
Bachelor professional
Nicht-akademische Abschlussbezeichnung, kein weiterer Abschluss oder Titel, sondern nur zusätzliche Bezeichnung, entspricht dem Augenoptikermeister
Schwerpunkte: wie Augenoptikmeister
Master professional Optometrie (HWK)
Nicht-akademische Abschlussbezeichnung für durch die Handwerkskammer geprüfte Weiterbildung auf Grundlage der Meisterausbildung
Schwerpunkte: Untersuchen und screenen, Versorgung mit Sehhilfen, Leiten und Führen
Augenoptiker(geselle)
handwerklich orientierte Berufsausbildung in der Augenoptik
Schwerpunkte: Beratung und Verkauf zur Anpassung von Brillen, Zentrierung und Einarbeitung von Brillengläsern
Wie funktioniert das Sehen bei Kindern?
Die Kinder haben zwar bei Geburt normalerweise zwei anatomisch voll angelegte Augen, aber das Sehen muss erst erlernt werden. Dabei erfolgt die Sehentwicklung im Zusammenhang mit der Entwicklungen anderen Funktionen, z. B. Grob- und Feinmotorik.
Im Laufe der ersten Lebensjahre bilden sich verschiedene Sehfunktionen aus und verbessern sich stetig.
Sehfunktionen
Augenbewegung
Für die Augenstellung und -bewegung sind an jedem Auge drei Hirnnerven und sechs äußere Augenmuskeln verantwortlich. Die Augen können damit in verschiedene Richtungen bewegt werden: nach oben und unten, nach rechts und links sowie diagonal. Damit ermöglichen Sie eine gezielte Einstellung auf ein Objekt (Fixation) und auch die Verfolgung von Objekten im Raum.
Sehschärfe
Sehschärfe beschreibt die Fähigkeit eines Auges, kleine Details zu erkennen.
Optik/Refraktion
Das Auge ist ein brechendes Medium. Seine Optik entscheidet, wie die Lichtstrahlen ins Auge einfallen und weiterverarbeitet werden können. Das Auge funktioniert vereinfacht ausgerückt wie eine Kamera. Das Auge besteht u.a. aus einer (Sammel-)Linse und der Netzhaut, auf die die Lichtstrahlen abgebildet werden.
Die Refraktion bezeichnet die Brechkraft des Auges.
beidäugiges Sehen
Schärfeeinstellung (Akkommodation)
Pupillenreaktion
visuelle Wahrnehmung und Sehverhalten
Was beinhaltet die optometrische Untersuchung bei Kindern?
In der optometrischen Untersuchung sollte die wesentlichen Sehfunktionen geprüft werden um festzustellen, ob die visuellen Funktionen altersgerecht entwickelt sind.
Wie lange dauert eine optometrische Untersuchung bei Kindern?
Das hängt sehr stark von den individuellen Voraussetzungen und dem Alter des Kindes ab. I. d. R. dauert die Erstuntersuchung 30 bis 60 Minuten. Das bedeutet nicht, dass so lange Messungen direkt am Kind gemacht werden. Häufig sind Pausen notwendig. Ziel ist es, Sehstörungen zu ermitteln und die individuell beste Lösung zur Verbesserung bzw. Reduktion zu finden. Demzufolge werden nach Abschluss der Messungen die Ergebnisse erklärt und Möglichkeiten der Versorgung ausführlich in einem Beratungsgespräch besprochen.
Bei Kleinstkindern reichen für die eigentliche Untersuchung oft zehn Minuten, während bei Schulkindern bis zu dreißig Minuten untersucht werden kann.
Was passiert, wenn nicht validiert oder nur unvollständig gemessen wird?
In einer optometrischen Untersuchung bei Kindern werden die individuellen Funktionen des Sehsystems gemessen. Erst dadurch wird es möglich, ein individuelle Versorgung vorzuschlagen. Alles andere funktioniert sonst nach einem „Gießkannenprinzip“. Das bedeutet, dass sich Seh- und/oder Wahrnehmungsstörungen verbessern können, aber auch das Gegenteil kann der Fall sein, so dass sich die Situation verschlechtern kann.
Unvollständige Messungen können bei Kindern bewusst gewählt werden. Wenn beispielsweise ein Kind nicht ausreichend Ausdauer hat, kann die Erfassung der Sehfunktionen auch unterbrochen und zu einem anderen Zeitpunkt fortgesetzt werden.
Wie kann es zu Störungen des Sehens kommen?
Sehstörungen können genetisch bedingt sein oder erworben werden. Angeborene Sehstörungen sollten ärztlich abgeklärt werden.
Erworbene Sehstörungen können sich bereits bei Kindern entwickeln. Deshalb ist eine frühzeitige und regelmäßige Untersuchung des Sehens zu empfehlen. Aber auch bei Erwachsenen sind noch Veränderungen von Sehfunktionen möglich. Weiterhin im Alter verändert sich das Sehen und eine regelmäßige Prüfung ist sinnvoll.
Sehstörungen können auch als Folge von anderen Störungen/Erkrankungen auftreten (systemische Störungen).
Häufig entstehen Sehstörungen bei nicht für die Augen geeigneten Bedingungen, z. B. bei dauerhafter Naharbeit. Verändern sich Sehfunktionen, kommt es zuerst zu einer Funktionsstörung. Wird hier nicht interveniert, kann sich aus der Funktionsstörung eine manifesten Funktionserkrankung entwickeln.
Was ist eine Sehstörung?
Es gibt verschiedene Sehstörungen. Häufig bekannt sind Fehlsichtigkeiten. Hier wird das Bild im Auge aufgrund seiner Länge oder seiner brechenden Medien nicht ideal im Auge (auf die Netzhaut) abgebildet. Bei Fehlsichtigkeiten können klassische Brillengläser oder Kontaktlinsen die Abbildung verändern und so ein scharfes Bild erzeugen.
Neben Fehlsichtigkeiten gibt es Sehstörungen, bei denen die Abbildung im Einzelauge gut funktioniert, aber die Zusammenarbeit beider Augen nicht – das sind Binokularstörungen.
Außerdem können bestimmte Sehfunktionen eingeschränkt sein, z. B. das Scharfstellen von Objekten in der Nähe. Das sind Sehfunktionsstörungen.
Eine kurze Erklärung der wichtigsten Sehstörungen findet sich rechts.